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HAMBURGMONIKA MICHALKO: KEINER SIEHT ALLES

Weck mich nicht!

5. März 2011 von Erik Stein
Ein paar lose Schwarzweißkopien von zwei kleinen Artikeln liegen aus, daneben die Preisliste. Noch ist wenig geschrieben worden über Monika Michalkos formtropfendes Lummerland. Oder ist das wenige schon zu viel? „Der Abstrakte Geist bemächtigt sich erst eines einzelnen menschlichen Geistes, später beherrscht er eine immer größer werdende Anzahl von Menschen. [...] Diesen Moment nennt man eine Bewegung.“ Das sind ihre eigenen Worte, von denen sie ein paar mehr noch in einen kleinen Katalog gekritzelt hat, der neben den beiden Artikeln die Besucher ihrer ersten Einzelausstellung in der Hamburger Produzentengalerie informiert. Nur was für ein Geist ist es eigentlich, der sich der 1982 geborenen Malerin bemächtigt hat? Womöglich derselbe, der auch in dem malerischen Zeitvertreib mit somnambulen Formgeflechten von Michalkos Kompagnon Christoph Blawert zu finden ist? Und sieht man ihn nicht auch bei anderen Hamburger Träumern? Bei Jonas Brandt? Bei Verena Issel?
Abbildung zu
"Dedans et devant la facade", 2011, Öl auf Leinwand, 280 x 210 cm
Was man sieht sind Formenspiele. Ihre Tiefe wächst nicht mit der formalen Komplexität einzelner Arbeiten, sie wächst auch nicht mit ihrer Größe, wohl aber wächst die Wirkung. Die Tiefe der Arbeiten ist auch keine, die mit philosophischem und kunstwissenschaftlichem Rüstzeug gewinnt. Sie lebt nicht von reflexiven Aufsätzen die mit Bezügen werfen wie Kammelle. Gewiss, auch diese Bilder tragen Süßigkeiten, aber man hat so wenig Lust sie ihnen wegzunehmen. Aus Angst vielleicht, man könnte ein kostbares Spiel unterbrechen. Jedes Wort zuviel, denkt man, könnte den eigenen Bann der Beobachtung erschrecken. Schließlich schaut man auf die Bilder mit der gleichen Vorsicht, wie man der Unmittelbarkeit von Kindern begegnet. Die wenigen Arbeiten der Ausstellung, in denen Sprache selbst Bestandteil wird („DIAMANT DEALER“ steht auf einer Malerei, auf einer anderen „horror vacui“, die Angst vor der Leere), fallen wohl aus genau diesem Grund auch aus dem Rahmen. Plötzlich wird gedichtet und psychologisiert und alles Spielen wird Regress oder Attitüde.
Die Bilder von Monika Michalko wollen immer in den Raum. Ihr Übergriff auf die Räumlichkeiten ist diesmal sogar vergleichsweise dezent. Ein aus ungehobelten Holzlatten von der Künstlerin gezimmertes Gestell lädt zum Ablegen der Garderobe. Ein Plattenspieler wurde in Michalkos Formenkosmos gebadet, eine auf der Fensterbank geparkte Häkeldecke bedurfte nicht mehr als eines eleganten Faltenwurfs. Dieser Übergriff aber ist kein Sprung ins Außen, auch nimmt er keine Anleihen an Geschichte oder Kontext des Raumes, vielmehr wurzelt er in einem tiefen Privatismus: Michalkos Bilder haben es gern behaglich. Dass es immer wieder Wohnräume sind, die in ihrer Konkretion die vorherrschenden Formen und Muster unterbrechen, hat insofern eine ganz eigene Plausibilität. Es ist diese privatistische Ader in der sich die gegenwärtige Geistesbewegung jener Hamburger Träumer ausmachen lässt. Es ist eine außerordentlich angenehme Bewegung. So angenehm, wie der Druck auf die Snooze-Taste, kostbar, wie ein sanfter Rausch – bitte weck mich nicht, Onkel Theodor!
Abbildung zu
Onkel Theo in den vierziger Jahren in seiner Privatwohnung in West Los Angeles

Kommentare

#1) Am 15. März 20:08 um Uhr von ::::::::

who the fuck is erik stein?