Der Donnerstag hat seinen Betrieb auf unbestimmte Zeit eingestellt. d. Red.

DÜSSELDORFDESERTO ROSSO

Gruppentherapie

2. August 2011 von Michael Staiger
Es gibt mal wieder ein Gruppenausstellungsproblem: Eine Ausstellung namens "Deserto Rosso" in den Projekträumen von MAP. Das Rezept lässt sich schnell erklären: Man nehme einen 30 Jahre alten Film von einem institutionell vollständig abgesicherten Regisseur, der von den aufregenden Gegensatzpaaren Mensch/Technologie und Mann/Frau handelt, mache diesen zum Thema für eine Ausstellung und lade 10-15 Künstler ein, die diese Aufgabe zu bearbeiten haben.
Abbildung zu
Typisch 1964: Leidende Frauen vor technischen Geräten (Szene aus "Il Deserto Rosso")
Was dann passiert ist klar: 75% der teilnehmenden Künstler versuchen Tendenzen innerhalb ihrer Arbeit zu finden, die sich auf diesen Film oder seine Gegensatzpaare anwenden lassen, stellen diese Arbeiten aus und fertig. Immerhin 25% produzieren Arbeiten speziell für diese Ausstellung. Eigentlich gäbe es aber nur zwei sinnvolle Möglichkeiten des Umgangs. Entweder könnte man versuchen als Gruppe ein allgemeines, dem Film angemessenes Gesamtkonzept zu entwerfen, oder aber einzelne Arbeiten ausstellen, die wirklich den Film und seine Wirkung (auch seinen Bezug zur heutigen Zeit) verhandeln. Beide Möglichkeiten werden nicht genutzt, wenn auch Letztere immerhin in einzelnen Fällen aufscheint: Die Arbeit "Il Deserto Rosso (Antichrist)" behauptet einen Zusammenhang zwischen Antonionis Film und Lars von Triers "Antichrist", das ist erstens plausibel und zweitens als 40 minütiger Film angemessen umgesetzt.
Zum größten Teil bleibt die Ausstellung aber auf dem Niveau vager, unzusammenhängender Assoziation welche sporadisch den Bezug zum Film erahnen lässt. Es reicht eben nicht ein paar Wachteleier auf einem Hocker auszustellen, nur weil im Film in einer Szene solche Eier gegessen werden.
Abbildung zu
Typisch 2011: Vage asoziierte Wachteleier
Garniert wird die Ausstellung, wie üblich, mit einem kleinen Text der in seiner Ungenauigkeit, sowohl der Wortwahl als auch der Argumentation, fasziniert. Es fehlt eindeutig der Wille so ein Projekt ernsthaft anzugehen, einen schwierigen, vielleicht sogar kontroversen oder langweiligen Film von Individuen oder einer Gruppe bearbeiten zu lassen, in der Hoffnung tatsächlich eine veränderte Rezeption zu erreichen.
Im Kino ist der Anspruch hoch, das Publikum gebildet. Daran teilzuhaben benötigt Sorgfalt.

Kommentare

#1) Am 3. August 17:12 um Uhr von Pedro

Nur weil nicht jede Arbeit ihren Inhalt sofort preisgibt, nur weil komplexe Filme komplexe Auseinandersetzungen erfordern, kann man doch nicht behaupten der Film wäre klischeehaft oder die Arbeiten ungenau. Manchmal bedarf es mehr als einem kurzen Sprint durch die Ausstellung um diese angemessen zu besprechen. Der Autor sollte in Zukunft etwas mehr Motivation aufbringen, bevor er sich auf diese Weise über eine besuchenswerte Ausstellung auslässt.

#2) Am 4. August 17:12 um Uhr von Michael Staiger

Grenzenlos Komplex ist im Grunde doch alles. Eine gute Arbeit sollte aber doch in meßbarer Zeit einen erkennbaren Weg einschlagen.

Ich erwarte keine flachen Arbeiten, sich jedoch immer auf die Unbestimmtheit der Welt und, daraus folgernd, der Kunst zu berufen, führt nicht weit und macht am Ende Diskussion unmöglich. Komplex angelegte Arbeiten schließen einfache Zugänge ja nicht aus, vielleicht zeigt sich gerade dort wirkliche Meisterschaft.

#3) Am 10. Februar 04:49 um Uhr von Mr Sowieso

Ich moechte diesen Momement nutzen um einmal ganz allgemein mein Kompliment auszusprechen an das nebuloes und mystisch undercover arbeitende Sonntagsblog team, das mich bei den 2.malen die ich die webseite besucht habe immer wieder zum schmunzeln gebracht hat durch sehr scharfe & wache rezensionen des aktuellen Kunstgeschehens ohne das legitmierte spiel der erzaehlerisch, formalen hoechstens referenz schaffenden weichspueler Kunstbereichterstattung entgegenzutreten. Bitte weiter so! Die provokante sehr kritische zuweilen auch recht polemische art wirkt wie ein heilserum in zeiten des toten Fleisches und der ex-vegetarier. Es entstehen schmerzhafte Fragen und Diskussionen neben der wohl unvermeidlichen Darstellung des Wissen Wiederkauenden Egos. Ich wuerde mich ueber eine persoenliche Antwort sehr freuen. Ich habe nun auch endlich ein Foto von ihnen entdeckt Herr Steiger: http://www.google.com/imgres?um=1&hl=en&client=firefox-a&sa=N&rls=org.mozilla:en-US:official&biw=1173&bih=630&tbm=isch&tbnid=_8Wku1ag2FvUhM:&imgrefurl=http://florida.arrests.org/Arrests/Michael_Staiger_2970817/&docid=kY9JgxAIAwbKAM&itg=1&imgurl=http://florida.arrests.org/mugs/Lee/350000/322298.jpg&w=400&h=480&ei=XZI0T-z8KqOA2wW_o6ilAg&zoom=1&iact=hc&vpx=456&vpy=127&dur=3154&hovh=246&hovw=205&tx=91&ty=126&sig=102839154506905542150&page=1&tbnh=142&tbnw=107&start=0&ndsp=19&ved=1t:429,r:3,s:0